Der Begriff der disruptiven Innovation wird relativ häufig mit den Unternehmen Uber und AirBnB beschrieben. Beide erfolgreiche Unternehmen haben etwas in ihrer jeweiligen Branche verändert, aber ist dies wirklich disruptiv?
Nach Prof. Christensen sind sowohl Uber als auch AirBnB Beispiele für eine inkrementelle Innovation, weil beide bestehende Ressourcen lediglich anders nutzen als üblich. Dagegen besteht der Kern der disruptiven Innovation darin, dass meist kleinere und agilere Unternehmen sich auf eine spezifische Zielgruppe fokussieren und etablierten Marktteilnehmern Marktanteile streitig machen, indem sie passendere und evtl. sogar günstigere Produkte anbieten. Mit zunehmendem Erfolg, werden die zuvor kleinen Wettbewerber größer und stärker und können die etablierten Marktteilnehmer sogar gänzlich verdrängen. Die Disruption ist damit dem klassischen Bild der Konkurrenz viel ähnlicher als es der moderne Begriff vermuten lässt.
Was den Zusammenhang zwischen Innovation und Wachstum angeht, stellt Christensen der deutschen Industrie kein gutes Zeugnis aus, denn ein signifikates Wachstum wird nur durch disruptive Innovationen erreicht und hier ist Deutschland international schlecht aufgestellt. Vielleicht entspricht es mehr der deutschen Tüftlerseele das Bestehende sukzessive zu verbessern, als Neues zu schaffen und dabei die zu erwartenden Rückschläge zu riskieren.
Casper ist schon eher ein Beispiel für disruptive Innovation, da dieses Unternehmen sein eigenes Produkt maßgeschneidert für eine Zielgruppe anbietet. Bei Casper stimmt einfach alles, da das Produkt für die zahlungskräftige und auch experimentierfreudige Zielgruppe der SOHOs entworfen wurde. Da es nur ein Modell gibt, das per Definition perfekt ist, hat Casper auch keine Notwendigkeit produktseitig zu diversifizieren. Die Kunden kommen zum Produkt und nicht umgekehrt. Auch die kulanten Rückgabekonditionen unterstreichen die Marketingaussage das perfekte Produkt entwickelt zu haben. Der innovative schnelle Versand von vakuumierten Matratzen rundet das Bild ab.
Viele erfolgreiche Geschäftsmodelle wie Netflix, Spotify und Amazon, die bestehende Produkte innovativ präsentieren und vertreiben, sind Beispiele für inkrementelle Innovationen. Filme und Bücher gab es schon vor ihnen und gibt es auch parallel zu ihnen. Dafür sind Videotheken praktisch ausgestorben und der klassische Buchhandel hat es neben Amazon deutlich schwerer als vorher. Letztendlich haben die geänderten Kundenwünsche dazu geführt, dass die alle genannten Vertreter für Innovationen am Markt erfolgreich sind. Die etablierten Unternehmen dieser Branchen hätten sich auch selber weiterentwickeln können, da sie über die finanziellen Mittel, die Kundenkontakte und das Branchen Know-how verfügen. Sie haben es aber nicht getan, evtl. weil ihr Blick zu sehr auf den status quo gerichtet ist und eine wirklich Notwendigkeit zu grundlegender Veränderung nicht erkannt wurde. Deshalb ist es gut für unsere Gesellschaft, wenn Innovation passiert, sein sie nun inkrementell oder disruptiv.