Air Berlin im Abwärtstrudel was Kundenservice angeht
Am 27.10.2013 war der letzte Flug der Air Berlin – zumindest für mich, nach 15 Jahren Markentreue. Wie konnte es soweit kommen, dass ein Stammkunde wie ich sich komplett umorientiert und von nun an auf die schicken roten Handschuhe der Flugbegleiterinnen bei der Einweisung in die Benutzung der Sicherheitsgurte verzichten will?
Natürlich geht jede Reise einmal zuende, auch die Customer Journey. Und was auch wahr ist, ist dass Empfehlungsmarketing nie aktueller war als heute, bzw. Nicht-Empfehlungsmarketing, weswegen ich allen Vielfliegern die folgende Beschreibung sehr ans Herz legen möchte, ob auch andere sich den Unwägbarkeiten einer Fluggesellschaft anvertrauen möchten, die sich wohl schon stärker im Niedergang befindet, als wir ohnehin schon angenommen hatten.
Dabei begann alles sehr vielversprechend mit einer verbesserten Usability auf der Air Berlin Website, die mich sogar dazu brachte diverse Screenshots zu machen für meine best practice Sammlung. Als dann auch noch der Online Check-In am Abend vor dem Flug bestens gestaltet und vom Prozess bis zum Ausdruck der Bordkarten alles vorbildlich lief, war ich irgendwie Stolz auf Air Berlin, meiner Fluggesellschaft. Sogar die Online Reservierung der Parkplätze am Münchner Flughafen lief sehr kundenfreundlich ab, sodass der Flug auf meiner Stammstrecke München-Hamburg kommen konnte.
Doch dann ging die Customer Journey in die Phase der realen Welt. Gerade hatte ich noch die Online Reservierung des Münchner Flughafens gelobt, jetzt war es wie ein dunkles Omen, dass die Online angegebene Frequenz des Shuttle Busses zum Terminal real doch 20 Minuten betrug und nicht 10 Minuten wie Online angegeben. Egal, ich war rechtzeitig und der baggage drop-off Schalter lag schon vor mir. OK, es waren wieder nur 2 Schalter offen für 20 Kunden in der Schlange, aber das habe ich einem Unternehmen zugestanden, dass sich in Phase der Restrukturierung befindet. Die Dame vom Premium Check-In hatte sich dann doch erbarmt und Normalos abzufertigen begonnen. In meinem Fall habe ich auch nicht wirklich ein „Guten Morgen“ oder einen Blickkontakt erwartet, die Dame mittleren Alters mit osteuropäischem Akzent hatte einen sehr spröden Charme als Sie mir sagte, meine Bordkarte hätte ihre Gültigkeit verloren, das das Flugzeug Verspätung hatte, ca. 3 Stunden. Sie könne auch jetzt nichts für mich tun, ich solle zum Air Berlin Schalter gehen. Alles in allem war die Dame nicht sehr empathisch bei all ihren Handlungen.
Als ich dann zum Air Berlin Schalter kam, sah ich alle die vor mir beim baggage drop-off waren noch einmal. Hier dachte ich zuerst: Weshalb nicht alle Kunden proaktiv direkt umleiten, anstelle sie am ersten Schalter auflaufen zu lassen.
Hier sei noch erwähnt, dass ich weder über SMS noch Anzeigen am Terminal über Probleme bei meinem Flug informiert war.
Am Schalter der Air Berlin wurde dann ebenfalls sehr unengagiert den Kunden wie auch mir gesagt, man versuche uns auf andere Flüge umzubuchen. Also die Verspätung war nichts anderes als der Ausfall des Flugzeugs wegen technischer Probleme, aber so etwas darf man einem flugangstgefährdetem Kunden natürlich nicht sagen, deshalb wurde aus der Boing um 8.20 eine Turboprop Maschine um 11.20 – Verspätung, ganz klar! Am Schalter erfuhr ich dann, ich solle wieder zum Check-In, jetzt könne man mir dort helfen. Prima! Zurück zum Check-In, ich hatte ja viel Zeit an diesem Sonntag Morgen.
Am Check-In wurde dann mein Gepäck wirklich abgenommen und ich bekam die kleinen Aufkleberabschnitte auf meine alte Bordkarte geklebt, die bis vor kurzem noch ungültig war. So fing ich an zu warten und die Sache mit den Bordkarten ließ mir keine Ruhe. Ich ging also durch die Sicherheitsschleuse zu einem Schalter der Air Berlin, wo wenig los war und fragte dort einen Mitarbeiter,ob er so freundlich seien könnte, nachzuprüfen wie es um meine Bordkarte stünde. Und tatsächlich, die ursprüngliche Bordkarte war immer noch ungültig (klar, meinen Sitz gab es in der kleineren Turboprop gar nicht). Er hat mir dann eine neue Bordkarte ausgedruckt. Ob alle anderen Fluggäste auch selber sich um Bordkarten gekümmert haben? Nein, sicher nicht, wie ich später erfahren sollte.
Drei Stunden später, das Flugzeug ist zum Einsteigen bereit und das Drama mit den nicht gültigen Bordkarten nahm bei den meisten anderen Fluggästen seinen Lauf. Ich kürze hier ab, nach Tumult, Gedrängel und Beschwerden waren wir alle im kleinen Flugzeug und die Bordkarten der wenigen, die eine gültige hatten, war auch nichts mehr wert, weil sich alle Fluggäste ohne Bordkarte irgendwo hingesetzt hatten. Die Crew der Maschine hat diesen Vorgang nicht moderiert, was ich als sehr unprofessionell empfand.
Alle sitzen also irgendwo, der Pilot lobt dieses kleine Flugzeug wegen seiner Wirtschaftlichkeit und schon ging es los nach Hamburg.
Genervt nahm im am Flughafen ein Taxi, anstatt wie üblich mit der S-Bahn in meine Wohnung zu fahren und dann viel mir auf, was ich wirklich vermisst hatte:
Es gab keine Entschuldigung, von niemanden während all dieser Phasen, keine Kompensation, wie gratis Kaffee oder ein Extra-Schoko-Herz. Die Mitarbeiter warten kühl und die Prozesse waren schlecht, die Kommunikation hatte Ost-Block-Niveau – zumindest stelle ich es mir so vor.
Mein Fazit dieser Reise: Der Preis ist nicht alles. Schade Air Berlin, dass wir uns so trennen müssen. Aber meine Customer Journey hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen – leider einen final schlechten: Goodbye Air Berlin!